Haushaltsrede 2024

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst einmal geht unser Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, die an dem vorliegenden Haushalt intensiv mitgearbeitet haben. Der Planungsprozess wurde diesmal deutlich früher gestartet, sodass Beratung und Beschlussfassung noch in diesem Jahr stattfinden können. Dies begrüßen wir.

Die finanzielle Situation der Stadt Lollar ist dramatisch schlecht. Das ganze Ausmaß ist der interessierten Öffentlichkeit und der Opposition zu Beginn dieses Jahres, im Zuge der Haushaltsberatung 2023, bekannt geworden. Eine transparente Darstellung der tatsächlichen finanziellen Lage wurde zuvor durch die politisch Verantwortlichen systematisch verhindert.

Entsprechend groß waren und sind die Altlasten für den neuen Bürgermeister und die Verwaltung bei der Aufstellung eines Haushaltsplans.

Die rot-grüne Koalition und der ehemalige Bürgermeister haben gemeinsam viele Entscheidungen getroffen und viele Entscheidungen vermieden. Das Resultat dieser Regierungsarbeit sieht man zahlenmäßig ausgedrückt an den Haushaltszahlen. Die Gewerbe- und Grundsteuersätze wurden erhöht, die Schulden steigen, notwendige Investitionen werden geschoben oder gestrichen. Und für den Bürger wird es mittlerweile unmittelbar sichtbar und erlebbar. Höhere Steuerbescheide, kaputte Straßen und Gehwege, marode Brücken. Die Stadt Lollar kann ihre Kernaufgaben gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern nicht erfüllen.

In der letzten Haushaltsrede hat die SPD bekräftigt, sich auf dem richtigen Weg zu sehen und mindestens bis zum Jahr 2026 damit weitermachen zu wollen. 2026 ist das Jahr der nächsten Kommunalwahl; bis dahin ist die rot-grüne Koalition legitimiert.

Es wird jedoch immer zweifelhafter, ob sie mit dieser Haushaltpolitik, die sie seit vielen Jahren betreibt, überhaupt bis ins Jahr 2026 weitermachen kann. Die Bedenken aus der Verwaltung und vor allem die Aussagen der Kommunalaufsicht werden immer deutlicher. Wir sehen es als ein realistisches Szenario an, dass noch in dieser Wahlperiode ein Haushaltssicherungskonzept notwendig werden wird.

SPD und Grüne und der ehemalige Bürgermeister haben ein Schneeballsystem aufgebaut, das nun zum Erliegen kommt.

Jahrelang wurden unrealistische Planansätze auf der Einnahmen- oder Ausgabenseite eingestellt, fiktive Gelder – die niemals tatsächlich in dieser Höhe eingenommen wurden - aus Vorjahren übertragen, Mittel für andere Zwecke umgebucht.
Und um dieses Schneeballsystem aufrecht zu erhalten, mussten im Folgejahr wieder unrealistische Planansätze eingestellt werden. Durchaus im rechtlichen Rahmen von Hessischer Gemeindeordnung (HGO) und Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO), aber politisch verantwortungslos und zum Schaden der Zukunft unserer Stadt.

Ein Beispiel: Für das Baugebiet „Unterm Grasweg“ Ruttershausen wurden im letzten Haushalt 5 Mio.€ Einnahmen durch Grundstücksverkäufe und 4 Mio.€ Ausgaben für Ankäufe und Erschließung eingeplant. Damals schon in der Höhe und dem zeitlichen Ablauf unrealistisch. Die fiktive 1 Mio.€ Ertrag wurde dringend gebraucht, um den Haushalt rechnerisch ausgeglichen zu gestalten.
Bemerkenswerterweise wurde der Beschluss von SPD und Grünen, die Einnahmen durch Grundstückverkäufe bei den Haushalts-Nachbesserungen ins Haushaltsjahr 2024 aufzunehmen, im Juli 2023 gefasst. Dabei hatte man erst zwei Monate vorher in der Sitzung im Mai 2023 voller Überzeugung beschlossen, dass die Stadtverwaltung die Vermarktung gar nicht selbst übernehmen, sondern einem Investor überlassen soll. Aber dieser eklatante Widerspruch scheint für die beiden Regierungsfraktionen offenbar kein Problem zu sein.

Die Charakteristik des Schneeballsystems zeigt sich in diesem Beispiel mehrfach: Obwohl man im Juli also wusste, keinerlei Einnahmen aus Grundstücksverkäufen zu haben, wurden von diesen nicht existenten Einnahmen in der gleichen Sitzung 350 Tsd.€ außerplanmäßig umgebucht und genutzt für die Zahlungen an den Windpark Lumdatal. Diese Buchung haben wir damals deutlich kritisiert.

Und ähnlich funktionierte diese Taktik auch bei anderen Übertragungen aus den genehmigten Haushaltsplänen des jeweiligen Vorjahres. Geld für geplante, aber nicht umgesetzte Projekte wurde außerplanmäßig für andere Dinge verwendet. Selbst dann, wenn man zu diesen Zeitpunkten z.T. bereits wusste, dass man im vergangenen Jahr auch geplante Einnahmen gar nicht realisiert hatte, z.B. aufgrund von Gewerbesteuerrückzahlungen.

Daher muss man von einem Schneeballsystem sprechen, dass auf immer neue unrealistische Annahmen bei Einnahmen und Ausgaben angewiesen war, um Spielmasse für die eigenen Schwerpunkte zu haben, um Auszahlungen ohne Rechtsgrundlage zu beschließen und um die vergangenen Entscheidungen zu kaschieren.

Und wenn man Geld ausgibt, das man nicht hat, zehrt man Rücklagen auf und muss Schulden aufnehmen. Anstatt umzudenken, streicht man Investitionen in die Infrastruktur. Die vorliegenden Haushaltszahlen der Stadt Lollar sind das Ergebnis dieser Regierungspolitik, die wir als Opposition seit Jahren kritisieren und ablehnen.

Der neue Bürgermeister und die Verwaltung haben folgerichtig bei verschiedenen kleinen Haushaltspositionen Grundansätze reduzieren und mit spitzem Bleistift Personalkosten sehr konservativ planen müssen. Dies sollte man positiv herausstellen.

Die Koalition darf sich durchaus selbstkritisch fragen, ob sie mit der eigenen Priorisierung ihrer im Koalitionsvertrag erwähnten Ziele wie etwa dem Klimaschutz angesichts gestrichener energetischer Gebäudesanierungen so glücklich ist.

Die Auszahlung für Tilgungen steigt von einer Mio. € pro Jahr auf 1,5 Mio. €. Und allein die Bankzinsen steigen von 45.000€ auf 400.000€ im Jahr 2026. Generationengerecht gewirtschaftet wurde nicht.

Die Erneuerung der Verkehrswege wird drastisch zurückgefahren. Die Koalition wird laut Beschlussvorlage gleich auch das „Investitionsprogramm 2024 bis 2027“ beschließen. Und auch wenn es durchaus üblich ist, den mittelfristigen Horizont nicht allzu vollständig durchzuplanen, sich dies also noch ändern wird, frage ich in die Runde: Wie hoch sind die vorgesehenen „investiven Auszahlungen für Baumaßnahmen“ in den Jahren 2026 und 2027? – Die Antwort: Jeweils Null Euro!

Wir sehen uns auch hier in unserer Kritik bestätigt: Es findet keine Priorisierung statt zu Gunsten der Kernaufgaben, von der alle Bürgerinnen und Bürger profitieren.

Ebenso ist der Kindergartenneubau in der Kernstadt monetär nirgendwo eingeplant. Zu Beginn des Jahres 2022 wurde noch Zeitdruck aufgebaut. Die SPD hatte „sondiert“ und wollte den Bau und Betrieb des neuen Kindergartens schnellstmöglich einem selbst auserwählten externen Träger überlassen. Nun scheint das Interesse der SPD spürbar abgenommen zu haben. Wir fordern, einen klaren transparenten Weg, wie es mit dem knappen Angebot an Kindergartenplätzen in Lollar weitergehen soll. Ansonsten befürchten wir, dass damit künftig eine weitere Pflichtaufgabe nicht erfüllt werden kann.

Und dies trotz Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer i.H.v. 4 Mio.€. Und trotz Rekordeinnahmen bei der Einkommenssteuer i.H.v. 5,9 Mio.€. Auch die Grundsteuereinnahmen sind mit 1,7 Mio.€ so hoch wie noch nie. Die Lollarer Gewerbetreibenden und Lollar Steuerzahler erwirtschaften so viel wie nie zuvor. Jeder Lollarer darf sich angesichts der ideologiegetriebenen Entscheidungen von SPD und Grünen selbst fragen, ob er glaubt, dass mit seinem Geld gut umgegangen wird.

Die Steuererhöhungen der letzten Jahre wurden zementiert. Der Hebesatz der Grundsteuer B ist seit 2012 von 260 auf 490 Prozent gestiegen.
Im Jahr 2025 wird es wegen der Grundsteuerreform neue Bemessungsgrundlagen und daher neue Hebesätze geben. Für die Kommunen soll dabei der Grundsatz der Aufkommensneutralität gelten, d.h. das Gesamtaufkommen der Steuereinnahmen sollte sich nicht erhöhen. Für die CDU kann ich bereits ankündigen, dass wir es nicht tolerieren werden, wenn SPD und Grüne die Grundsteuerreform für versteckte Steuererhöhungen ausnutzen werden.

Die hohen Einnahmen der Stadt Lollar spiegeln sich nicht in einer Erfüllung ihrer kommunalen Pflichtaufgaben wider, wie sie sich die Bürger wünschen und auf welche sie angewiesen sind. Ein großer Dank an dieser Stelle geht hingegen an sämtliche Mitarbeiter der Stadt, die täglich dafür sorgen, dass unsere Kinder großartig betreut sind, dass man kurzfristig einen Reisepass ausgestellt bekommt, dass die vereisten Straßen gestreut sind, dass die illegalen Müllberge beseitigt werden und vieles mehr.

Nach Jahren der fehlenden und falschen Priorisierung und zahlreichen Mehrheitsbeschlüssen der Koalition zum Nachteil der Stadt Lollar weisen die Anzeichen auf die Notwendigkeit eines Haushaltssicherungskonzeptes hin. Die Ausführungen im HFA konnte man nur schwerlich ignorieren.
Verantwortlich hierfür ist der innere Kreis der langjährig politisch Verantwortlichen in Lollar und niemand sonst.
Keine Verantwortlichkeit des Landes oder Bundes, keine globalen Pandemien, keine geopolitischen Krisen. Es ist hausgemacht.

Wir als CDU können diese Politik nicht gutheißen. Wir stehen jederzeit für eine Zusammenarbeit bereit, die die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellt. Lassen Sie uns endlich anfangen, für ein handlungsfähiges Lollar zu arbeiten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jens-Christian Kraft (Fraktionsvorsitzender)

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